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Barnabas Peverell - Barnabas Peverell - 21.10.2025 Reform. Spiele. Entlastung. Barnabas hätte diesen Schund am liebsten zusammengeknüllt und ihn Althea Potter bei der wöchentlichen Redaktionsrunde der sonntäglich erscheinenden Zeitung gerne ins Gesicht geworfen. Nicht gezaubert, nicht mit einem Levioso schwebend auf Augenhöhe seinen Unmut bedeutend: Nein. Einfach in simpler und effizienter Muggel-Manier gegen den Kopf geschmettert. Wie ein Quaffel, der den Ring traf. Wie konnte sie Yaxley derartigen Schund überhaupt bis in die Schlussredaktion durchgehen lassen? Sie war doch am Montag mit im Gamot gewesen?!
Aber er atmete. Seine Züge blieben unbewegt. Er saß immerhin nicht alleine an diesem Tisch und er wettete, er war auch nicht der Einzige, der so über Yaxleys‘ Artikel dachte. Doch die Zeiten hatten sich nun einmal geändert. Gwenda Griffins Rauswurf war nicht das erste Exempel gewesen, das man am Tagespropheten statuiert hatte.
Schon in den letzten Monaten – und wenn er ehrlich war Jahren! – hatte sich der Berichterstatter mehr und mehr in ein Propagandablatt entwickelt. Barnabas lehnte sich auf dem Schreibtischstuhl im Meetingraum etwas zurück. Seine Finger trommelten ein wenig ungeduldig auf der Glasplatte mit dem eingravierten Pentagramm, das die fünf wichtigsten Personen des Blattes hier wöchentlich versammelte: Althea Potter, die Inhaberin des Tagespropheten – Algernon Yaxley, seit Gwendas Entlassung der neue Chefredakteur (den Barnabas aufs – wohlgemerkt reine – Blut nicht ausstehen konnte), den Chef vom Dienst, Altheas Mann (der also ungefähr gar nichts zu sagen hatte…), seine Wenigkeit für die Ressorts Gesellschaft, Sport und Politik sowie eine weitere Redakteurin, die sich um die seichten Teile des Tagespropheten bemühte (obgleich die Leserzuschriften mittlerweile längst nicht mehr so seicht waren).
“Bei allem Respekt, aber finden wir nicht, dass wegweisende Sitzung und das ehrwürdige Zaubergamot etwas dick aufgetragen sind?“, fragte er und konnte seinen Unmut nicht ganz verbergen. „Und wieso erfahren wir eigentlich erst jetzt davon? – So unmittelbar vor Druckschluss… Die Sitzung des Gamots war doch schon vor drei Tagen?“ Es fiel ihm selten schwer, seine Miene unter Kontrolle zu halten und er war auch selten aufgebracht. Doch es war nicht Yaxleys Art die Dinge zu formulieren und dem Regime in die Karten zu spielen, die in seinen Augen wenig mit objektiver und differenzierter Berichterstattung zu tun hatten. Es war der Inhalt, von dem er jetzt erst erfuhr, der ihn fassungslos und wütend zurückließ.
Eine kontinuierlich steigende Belastung der Justiz? Es war wohl eher eine Welle an unrechtmäßigen Verurteilungen aus Willkür gegen Halbblüter und Muggelstämmige. Gwenda hatte nicht unrecht gehabt, als sie immer wieder aufbegehrt und erklärt hatte, man müsse etwas gegen diese Entwicklung tun. Letztens hatte er ihr noch einzureden versucht, ihre neueste Idee, ein anonymes Flugblatt rauszugeben, um den Menschen die Wahrheit näherzubringen, sei Gnomzunder. Jetzt aber? – Wenn er das hier so las, musste er sich eingestehen, dass nicht sie sich getäuscht hatte, sondern er. Seine letzten Hoffnungen in die Meinungsfreiheit und die Integrität des Tagespropheten wurden mit diesem Artikel so jäh zerschlagen, dass er sich Mühe geben musste, seine hart erkämpfte Position seit Gwendas Ausscheiden nicht mit zwei unüberlegten Sätzen (und einem zusammengeknüllten Artikel) aufs Spiel zu setzen.
Seine Augen huschten über den Artikel von Algernon, der einfach schweigend dasaß und ihn – nein, er bildete es sich sicher nicht ein! – süffisant anlächelte. »Sind Sie der Meinung, was unser hochgeschätztes Gamot beschließt, sei nicht rechtmäßig, Peverell?«, zischte er mit der gefährlichen Mischung aus Angriffslust und Überlegenheit, die Raubtiere ihrer Beute entgegenbrachten. Barnabas Kiefer pressten sich leicht aufeinander. „Ich würde niemals die Worte und Entscheidungen unseres hochgeschätzten Zaubergamots anzweifeln. – Allerdings bin ich doch der Meinung, dass wir nach wir vor unseren Leserinnen und Lesern zur Objektivität verpflichtet sind. Und daher nicht den kritischen Blick auf politische Geschehnisse verlieren sollten, den diese seit Jahrhunderten renommierte Zeitung seit jeher ausmacht – Mister Yaxley, Sir.“ Dunkel funkelten die schwarzen Augen zu seinem Vorgesetzten herüber. Für einen kurzen Moment fühlte es sich so an, als könne es ihm egal werden, ob er seinen Job aufs Spiel setzte – mit Worten, die früher nie problematisch gewesen wären.
»Sie finden meinen Artikel verherrlichend?« lauerte Yaxley und die Stimmung im Redaktionsraum war zum Schneiden gespannt. “Ich finde von Erfolgen zu sprechen, wo unschuldige Hexen und Zauberer zu hunderten den Tod gefunden haben, … euphemistisch, ja. Das kann ich leider nicht anders sagen. – Denn das sind nichts Blacks Worte, sondern Ihre.“ Barnabas lenkte seine Aufmerksamkeit in die Gesichter der anderen Anwesenden. Es lag eine seltsame Betroffenheit im Raum, die niemand zugeben wollte. Alle verbargen sich hinter diesen kalten Masken der Professionalität, die ihm ansonsten mindestens ebenso gut stand. Heute fühlte sie sich zu eng an. Falsch und verräterisch.
“Es tut mir leid, das so sagen zu müssen: Aber diesem Artikel mangelt es an der kritischen Auseinandersetzung mit dem, was diese Spiele bedeuten werden. Für alle.“ Yaxley lehnte sich ein Stück nach vorn, beugte sich halb über den Tisch ihm entgegen. Sein Kristallglas mit Wasser schabte in einem ohrenbetäubenden Klang über die matte Oberfläche und verklang in dem Schweigen. »Für alle oder für Sie, Peverell?«
Die Frage fiel wie ein Tropfen Gift auf einen spiegelglatten klaren See. Man konnte das Atmen hören – und vielleicht auch das Fehlen desselbigen, da Yaxleys Stimme eine Atemlosigkeit hinterließ, die ihresgleichen suchte. Barnabas‘ Finger hatten aufgehört, den Tisch zu malträtieren. Er behielt die Wut, die sich in ihm formte, für sich und lächelte schließlich. “Für alle von uns so geschätzten Leserinnen und Leser unseres Tagespropheten; zu denen ich selbstredend gehöre. Denn ich studiere jedes – einzelne – Wort, das hier gedruckt wird. Seit Jahren.“ Yaxley lachte kalt. »Natürlich. Wie fleißig. Unser kleiner Student hat sich gemacht…«
Seinen Ärger ertränkte Barnabas in einem Lächeln und dem Glas Sprudelwasser, das er an seine Lippen hob, weil er wusste, das nun der Augenblick gekommen war, an dem er nichts mehr hinzuzufügen hatte. Die restlichen Anwesenden hatten diese Fehde zwischen ihm und Yaxley längst satt – und eine zielführende Debatte war offensichtlich ebenso wenig möglich, wie sie es scheinbar im Zaubergamot gewesen war. Diese Entscheidung (wie auch immer sie vom Tagespropheten propagiert wurde) war nicht nur bedenklich, sie war ein Skandal. Und sie nicht als denselben zu behandeln, fühlte sich für ihn an wie ein Verrat an dem Vertrauen ihrer Leserschaft. Doch da er ganz offensichtlich der Einzige war, der so empfand – oder sich traute, es auszusprechen – war er alleine auf weiter Flur. Und so würde er nicht weiterkommen.
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