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Kitty Macmillian - Kitty Macmillian - 06.06.2025 Träge. Kroch die Herbstsonne über den Horizont, auf dass sich ihr Licht bald, so bald blutrot über der langsam erwachenden Welt ergiese. Eine Müßigkeit, welche die Sonne sich erlauben mochte, nicht aber der emsige Elf, der sich zu dieser frühen Morgenstunde, als alles noch selig schlief, entschlossen das gestrickte Babymützen zwischen seinen riesengroßen Ohren zurechtrückte, und durch das Anwesen tapste um sein Tagwerk zu beginnen. Auf seinem Weg hüpfte er immer wieder über die, sich durch den ganzen Flur ziehende Schienenanlage der Holzeisenbahn, hinweg. Hier ging es über einen Pappmaschetunnel, und dort über ein Abstellgleis randvoll mit zurückgelassenen Wagons, drei davon umgekippt und achtlos neben den Gleisen liegend. „Oh, oh…“, kam es von dem kleinen Wesen. „Oh, oh! Walter darf nicht aufräumen, oh, oh. Herrin verbietet es! Kinder räumen selber auf, sagt sie. Oh, oh, das tun sie aber nicht.“ Hörbar tropfte Verzweiflung aus der Stimme des freien Hauselfen, während er traurig mit den Ohren wackelte, angesichts des offensichtlichen Chaos im Hause. Es war ja nicht nur die Holzeisenbahn! Weit gefehlt. Überall lauerten Bauklötze auf dem Fußboden! Aus Holz und diese Dinge aus Plastik, die man zusammenstecken konnte zu den kühnsten Bauwerken. Und die man überall herum liegen lassen konnte, erst recht wenn man viele davon besaß. Und die Kinder des Hauses, vier an der Zahl, hatten eine ganze, ganze Menge von diesem Kiddicraft, wie die Herrin die Dinger nannte. Rote, grüne, gelbe und blaue Plastikbausteine überall, die den Unvorsichtigen, beim Drauftreten, ganz empfindlich in die nacken Füße zwickten. Und als wäre dies nicht genug schien der Boden zusätzlich übersät mit Puppenkleidung zu sein, unter der sich ab und an, wie fette Raupen unter Blättern, der ein oder andere Wachsmalstift verbarg. Nein, weder die großen noch die kleinen Zwillinge hatten am Vorabend auch nur irgendetwas aufgeräumt! Da standen auch noch die kleinen Holzpuppenwägelchen, und die Babys drin waren nicht einmal ordentlich zugedeckt! Es war ein Bild des Jammers! Der treue Elf ertappte sich sogar dabei, wie er ganz nebenbei auf seinem Weg in die Küche, zwei drei Puppenkleidchen und einen großen blauen Kiddicraftstein aufhob, ehe er sich selbst bei diesem Frevel ertappte und alles wieder fallen ließ. „Oh, oh...fast hätte Walter aufgeräumt! Oh, oh...Herrin will es doch nicht! Kinder sollen selber aufräumen, oh, oh, tun es aber nicht. Tun es nicht!“ Verzweifelt zog er sich selbst an den Ohren, während er, nun schon in der behaglichen Wohnküche angekommen, um eine aus Decken und drei Stühlen gebaute „Höhle“ herumtapste. Bücher, unter anderem eine alte Ausgabe des Märchenbuchs von Beedle dem Barden, ergossen sich aus dem Inneren des zeltartigen Bauwerkes, in dem das vietnamesische Hängebauchschwein der Macmillians schlief und selig im Traume grunzte. „Oh, oh! Schweinchen hier. Nicht in Buckys Zimmer.“ Ein Umstand, abweichend von der Norm, -schlief das Schwein doch normalerweise im Zimmer der Großen Zwillinge und dort meist im Bett des Jungen, wie der Elf wusste-, der zu einem frühmorgendlichen Drama führen konnte. Wenn Buck aufwachte und sein Hausschwein fehlte. Am Besten wäre dann schon das Frühstück fertig und...Walter stoppe jäh vor der Küchenzeile, wo die junge Mrs. Macmillian fertig angezogen stand und Eier mit Speck kochte! „Nein, nein, nein, nein!“, schimpfte der Elf. „Herrin macht Walters Arbeit!“ Protestierend stampfte der Elf mit seinem Fuß auf den Boden und wäre dabei beinahe auf einen dieser hinterlistigen Kiddicraftstein getreten! Kitty drehte sich vom Herd weg und schenkte dem Elf ein scheues Mäuselächeln. Vorsichtig lugte dieses erst an ihren Mundwinkeln hervor, ehe es dann über ihr Gesicht huschte. „Guten Morgen Walter! Ich wurde in der Nacht zu einer Entbindung gerufen und als ich zurück war, war es schon so früh, da dachte ich, ich könnte uns allen Frühstück machen. Magst du Eier mit Speck?“ Sie wischte sich ihre Hände an dem teuren Stoff ihres langen Rocken ab und trat einen Schritt von dem Herd zurück. Fassungslos starrte der Elf seine Herrin mit riesigen traurigen Augen an. „Misstress Macmillian kann tun was immer sie wünscht…“, kam es nun leise und resigniert von ihm. Kitty sah wie Walter die Ohren hängen ließ und ihrer Kehle entglitt ein Seufzen. Die junge Hebamme empfand den Umgang mit Hauselfen zuweilen als...schwierig. Hilfe war sie nie gewohnt gewesen. Dass Jemand ihr Aufgaben abnahm, auch nicht. Immer, immer, immer hatte sie sich verantwortlich gefühlt, war sie es gewesen, die sich gekümmert hatte. Und nun waren da Wesen, die dafür lebten ihr und ihrer Familie zu dienen. Und die traurig waren, wenn sie Frühstück machte. „Walter sucht sich andere Arbeit, Walter…“ Die Ohren des Elfs richteten sich unvermittelt auf! „...Walter ist ein freier Elf! Oh, oh! Und Walter möchte jetzt für seine Familie kochen. Misstress ruhen sich jetzt daher aus...Walter macht.“ Kurzentschlossen nahm der wagemutige Walter seine Herrin an der Hand und zog sie mit sich an den großen runden Frühstückstisch, an dem noch drei freie Stühle standen. Der Rest war ja in der Höhle verbaut! „Misstress bitte setzen sich. Misstress erholt sich von der anstrengenden Nacht. Walter bringt ihr einen heißen Tee, und Köstlichkeiten… und die Zeitung, ja, ja.“ Lächelnd ließ Kitty es geschehen. Und irgendwie war sie dem Elfen unendlich dankbar, als dieser sie geradezu nötigte sich einen der Stühle Platz zu nehmen, als er mit den Fingern schnippte, auf dass die Tageszeitung vor ihr auf dem Tisch landete. Direkt neben einer Tasse dampfendem schwarzen Tees. Erst da merkte sie wie müde sie eigentlich war. Wie erschöpft. Und wie gut es tat einfach nur zu sitzen, mit einer heißen Tasse Tee in der Hand. „Na schön. Du kochst weiter und ich ruhe. Schau!“ Demonstrativ nippte sie erst an dem Tee, und nahm dann den Tagespropheten in die Hand, las was auf der Titelseite stand. Zaubergamot beschließt Reform der Strafjustiz: "Magische Spiele" sollen Entlastung bringen…. die kontinuierlich steigende Belastung der Justiz, sowie die zunehmenden Kosten für die Versorgung von Rechtsbrechern in Askaban… Kitty Hände begannen zu zittern. Mehr. Und mehr. Und mehr. ...die bisher in Askaban eingesetzten Dementoren sollen künftig verstärkt für den präventiven Schutz der britischen Zauberbevölkerung eingesetzt werden…...die Spiele sollen öffentlich abgehalten werden und sind so konzipiert, dass sie der gesamten magischen Gemeinschaft einen "greifbaren Mehrwert" bieten,…. greifbarer Mehrwert...greifbar..."Wir stehen am Beginn eines neuen Zeitalters der Gerechtigkeit." "...am Beginn eines neuen Zeitalters der Gerechtigkeit." "...Zeitalters der Gerechtigkeit." Sie sprang so hastig vom Tisch auf, dass der Stuhl krachend auf dem Boden aufschlug und sie die Tasse mit heißem Tee vom Tisch fegte. „Oh, oh!“, kam es von Walter. „Oh, oh.“ Alles lag in Scherben! Die filigrane Porzellantasse ebenso wie die Welt. Trümmer in einer sich ausbreitenden dunklen Pfütze. „ Es tut mir so leid, Walter…“ “Leid, leid leid…“, echote die schlafende Prinzessin am Grund ihrer Seele, die auch die ihre war. Unruhig wälzte sie sich in ihrem leichten Schlaf hin und her. Kitty konnte es fühlen. Konnte fühlen, wie die Andere sich regte, wie ihre Augenlider flatterten. Wie sie danach gierte zu erwachen in einer Welt, die mehr und mehr wie für sie geschaffen war. Mehr und mehr und mehr. „… aber ich muss Mr. Macmillian wecken!“ Kitty rannte. Rannte, und trat dabei achtlos auf und gegen die am Boden liegenden Spielsachen, sich nicht darum scherend mit ihren Füßen die liebevoll aufgebaute Holzeisenbahnstrecke ihres Sohnes einzureißen. Ihr Herz raste. Und es schmerzte. „Alexander!“, rief sie, als sie die Tür zu dem gemeinsamen Schlafzimmer aufriss, die Zeitung noch in ihrer Hand. „Alexander!“ Sie setzte sich zu ihrem Mann aufs Bett. „Alex, lies was sie getan haben…“ Tränen sammelten sich in ihren Augen. Ihr war speiübel! Und in der Küche, beseitigte Walter den Schaden. Wischte Tee auf und kehrte Scherben zusammen. Stellte den Stuhl wieder auf die Beine. Ach wenn es mit der Welt doch auch so leicht gegangen wäre! „Oh, oh.“ RE: Kitty Macmillian - Kitty Macmillian - 06.06.2025 Numeri "BEI SALAZAR DAS KIND SOLL AUFHÖREN ZU KREISCHEN WEIB!" Jacomus wuchtete sich bei diesen Worten vom Sofa hoch und versetzte seiner Frau einen heftigen Schlag ins Gesicht. Felicitas stürzte, rappelte sich auf und taumelte zur Wiege in der ihre neugeborenen Tochter lag und greinte. Mit zittrigen Fingern holte sie die Kleine heraus. Vor drei Tagen erst hatte Mrs. Ogdens das Kind entbunden, es war eine lange und anstrengende Geburt gewesen und Felicitas fühlte sich dementsprechend immer noch wackelig auf den Beinen. Der Umstand, dass es seiner Frau nicht gut ging, hielt einen Jacomus Ogdens jedoch nicht davon ab sie zu schlagen. Warum auch? Sie war ein nutzloses Weibsbild. "EINE SCHANDE, DASS DU SCHON WIEDER EIN MÄDCHEN HERVORGEBRACHT HAST!", brüllte er weiter. Als ob dies allein die Schuld seiner Ehefrau wäre. "DAS SOLL SEIN MAUL HALTEN, SONST STOPF ICH'S IHM!" Felicitas liefen stumm Tränen über ihre geröteten und geschwollenen Wangen, als sie mit der immer noch weinenden Elektra aus dem Wohnzimmer Richtung Küche floh. "UND MACH WAS ZU ESSEN, VERDAMMT!" Die gebrüllten Worte ihres Mannes gemahnten Felicitas zur Eile. Nach drei vier Schritten jedoch stolperte die Frau und hätte um ein Haar ihr Neugeborenes fallen lassen. Da zupfte ein kleines blondes Mädchen, vielleicht grade mal 4 Jahre alt ihre Mutter am Rockzipfel. "Gib Lektra mir Mummy. Ich trag sie." Und Felicitas, die ihre älteste Tochter vor lauter Tränen kaum sehen konnte, reichte ihr das Baby. Leviticus Bemüht nicht auch nur das leiseste Geräusch zu machen, öffnete das Mädchen die Schranktür einen Spalt weit und schlüpfte hinein. "Caleb? Caleb ich bin hier. Ist schon gut, ist schon gut." Die Worte der Kleinen waren nicht mehr wie ein Wispern im Winde. Dunkelheit umfing sie, als sie die Türe wieder hinter sich zu zog, sie einhüllend wie in einem kuscheligen warmen Mantel. Sie konnte nichts sehen, doch das musste sie auch nicht um ihren Bruder zu finden. Er war da, im Schrank, zusammengekauert in der Ecke und still weinend. Sie wusste es. Einen Wimpernschlag lang hielt sie ihren Atem an, lauschend ob das Monster sie gehört hätte, ob sich nun schwere Schritte näherten. Doch es blieb still, totstill. Sie schob ein paar muffig riechende Wollumhänge beiseite, kroch auf allen Vieren über den Boden des großen alten Holzschrankes, bis ihre kleine Hand das Knie des Bruders fand. "Ich bin ja da.", sagte sie nocheinmal mit leiser tröstender Stimme. Und dann hatten die Zwillinge im nächsten Moment auch schon ihre Ärmchen fest, so fest umeinander geschlungen. Caleb presste sich an sie und sie wiegte sich mit ihm leicht hin und her. Hin und her. Hielt ihn. "Hey ney nah, hey schöch wah, hey schöch wäy hey schöch wäy schöch wah..." Ihr Singsang, nicht mehr wie aneinander gereihte bedeutungslose Silben, webte einen Schutzkreis um die beiden Kinder. Es war keine echte Magie, nichts was das Monster oder sonst wen daran hätte hindern können sie herauszuzerren Vielmehr bestand dies feine unsichtbare Gespinst aus Glauben, Hoffnungen und Träumen. Aus dem beseelten Wunsch nach Sicherheit und Überleben. Normalerweise hätte das Mädchen nun noch Brotkrümel um sich und den Bruder gestreut, als sichtbare Barriere. Doch sie hatten kein Brot mehr. Gestern hatte sie die letzten schimmeligen Reste ihren Geschwistern gegeben. Es musste also diesmal ohne Krumen gehen. Die Zeit zerrann wie Sand in der Hand, und keines der beiden Kinder hätte zu sagen vermocht wie lange sie schon so da im Schrank kauerten, aneinander geklammert, wie zwei Äffchen. Schließlich war es das Mädchen, dass sich vorsichtig, zögerlich ein wenig vom Bruder löste. Ihr Singsang verstummt nun, nachhallend in der Enge des staubigen, stickigen Schrankes. Schweigend ergriff sie den Zipfel ihres Rockes und begann stoisch damit Caleb den Rotz und das Blut aus dem Gesicht zu wischen. Doch der Dreck und der gerinnende Lebenssaft hafteten hartnäckig an des Bruders Haut. Sie spuckte mehrfach auf den Stoffzipfel, bis dieser feucht genug war, bis das Wischen damit besser ging. "Halt still, ich mach das wieder gut." Als ob sich alles mit Spucke wieder gut machen ließe. Ließ es sich aber nicht. Genesis "Was bist du ein elender Squib?" Die Stimme des Monsters durchschnitt die Luft, kalt und messerscharf. Er war beängstigend nüchtern, der Vater. Lallte kaum. Und er war schnell. Mit einem energischen Griff packte er ihre Katze am Nackenfell und riss das Tier in die Höhe. "Wollen doch mal sehen. Wollen doch mal sehen." Das Mädchen, alarmiert vom Fauchen des Tieres, begann augenblicklich zu betteln und zu bitten. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass er ihrem Liebling etwas antun würde, hatte nur sich selber in Gefahr gewähnt. "Nein,nein, lass Lucy, bitte, lass sie runter." Das Monster lachte nur, dachte nicht daran von dem armen Geschöpf abzulassen. Stattdessen schüttelte Jacomus Ogden nun die Katze seiner Tochter, deren Fauchen sich zu einem schrillen Kreischen steigerte. "Du tust ihr weh, du tust ihr weh. Bitte lass sie doch, lass sie doch!" Von Panik durchsetztes, sich überschlagendes Stimmchen. Der Neunjährigen liefen die Tränen längst in Sturzbächen über die Wange, als sie angsterfüllt versuchte ihre Katze zu erreichen, sie dem Vater zu entreißen. Irgendwie. Vergebens. "Na los Kitty tu was. Hinder mich!", forderte dieser spottend, während er das keifenden fauchenden Fellknäuel immer grade so außerhalb der Reichweite seiner Tochter hielt und es unaufhörlich schüttelte. Als sei die Katze ein Staublappen, den man ausschütteln müsse. Kittys Weinen und Flehen wurde herzzerreißend. Sie konnte ihn nicht hindern, konnte nur immer und immer wieder 'nein, nein' schreien. Nur 'nein.'Aber alles Jammern und Betteln der Welt vermochte das Monster nicht zu erweichen. Er war halbwegs nüchtern und wild entschlossen die magischen Fähigkeiten aus dem Mädchen herauszukitzeln. Rausprügeln hatte sie sich ja nicht lassen, die Magie. Aber das Kind hing an diesem nutzlosen Katzenvieh, so viel war klar. Also würde sie zaubern. Spätestens wenn das räudige Mistding sein Leben aushauchte. Sie sah es wie in Zeitlupe. Plötzlich packte das Monster mit der andern Hand den Schwanz der Katze und ließ dann ihr Nackenfell los, so dass das Tier kopfüber in der Luft baumelte. Eins, zwei Wimpernschläge lang nur. Sie sollte diesen winz'gen Anblick, ihr Leben lang nicht mehr vergessen. Lucy hilflos mit dem Kopf nach unten vor ihr in der Luft hängend. Und wie die Katze knatternd fauchte und knurrte. Ein unwirkliches stetes Geräusch, dass sich zu einem schrillen Kleinkindkreischen steigerte, als Jacomus die Katze schließlich kraftvoll gegen die Wand schlug. Einmal, zweimal, blutrote Blumen an die triste dreckiggraue Wand malend. BAM, BAM, BAM. Beim dritten Mal verstummten die Schreie der Katze jäh. Sie würde niemals wieder fauchen, niemals wieder schnurren oder miaun. Still für immer war sie. Tot. Das Mädchen aber schrie und schrie. Aus ihrer Kehle entrangen sich Laute, die so ganz und gar nicht menschlich klingen wollten. BAM BAM BAM. Noch mehr feuchtes nasses Rot. An der Wand und Spritzer davon auf ihrem Gesicht. Blutrote Flecken tanzten vor ihren Augen und ihre gellenden Schreie blieben ihr im Hals stecken. Wie es sich verteilt hatte an der Wand, all das Blut. Wie immer feinere Spritzer nach außen gestrebt waren. Wie wilde Blumen, oder wie ein großer brennender Planet. Seltsam distanzierter Gedanke in den Tiefen ihrer Hirnwindungen. Und der letzte, ehe sie fiel. Wie eine Marionette, der man die Fäden durchtrennt hatte. schnipp schnapp, sank Kitty zu Boden. Und tief, so tief in ihrer Seele schlug etwas die Augen auf. Eine schlafende Prinzessin. Endlich erwacht! Und mit ihr erwachte der Sturm. Ein wütender schwarzer Wind. Er fegte durch die Bodendielen, aus namenloser Tiefe kommend und es war als hebe er das leblose Mädchen mit sich in die Höhe. Sie stand. Sturm umtost. Für den Bruchteil eines Augenblickes starrte sie den Vater mit ausdruckslosem Blick an, ganz so als betrachte sie eine der Kakerlake, welche träge an der Küchenwand hingen. Dann riss die Kleine ihre Hände nach vorn und ließ den Sturm auf das Monster los. Es taumelte zurück, mit einem entsetzten Ausdruck im Gesicht, Lucys Kadaver immer noch in der Hand haltend. Doch was half das schon? Der Wind erreichte alles und jeden, konnte in jede noch so kleine Fuge eindringen. Er erfasste den Vater, hob ihn in die Höhe und schleuderte ihn mit aller Wucht an die gegenüberliegende Wand. `Kitty hör sofort auf damit!' Da lächelte das Mädchen selig und sprach nur ein einz'ges Wort. "Nein.", sagte sie. Das gleiche kleine Wort, das auch Kitty unzählige Male wimmernd ausgestoßen hatte und das nun aus dem Mund der Andern so ganz und gar verändert klang. Nein. Sie würde nicht aufhören. Er sollte das gleiche Ende finden wie Lucy. Feuchtrote Blüten an dreckig grauer Wand. Er hatte es verdient, verdient, verdient. Und als der Körper des Vaters wieder und wieder gegen den rauen Putz der Wand knallte als er schrie, da bekam ihr Lächeln etwas ganz und gar verzücktes. "Ich bin nicht Kitty." Nein. Sie war anders. Die Andere. Und vielleicht hätte sie das Monster an diesem Tag getötet, hätte seinen nutzlosen Körper zerschmettert, wenn die Großmutter des Mädchens nicht so geistesgegenwärtig gewesen wäre, das Kind mit einer eisernen Bratpfanne niederzuschlagen. Als Kitty später aus ihrer Ohnmacht erwachte, war die Andere fort, ebenso wie die tote Katze. Nur die Tränen, die waren geblieben. Die Tränen und der Schmerz. Exodus "Mrs. Kitty Murray." Die Art wie er ihren neuen Namen aussprach jagten ihr wohlige Schauder über den Rücken. Ja, dachte sie. Ja Mrs. Kitty Murray. Von jetzt an würde sich alles ändern. Für sie. Für ihre Geschwister. Alles. Ein Lächeln lugte an ihren Mundwinkeln hervor, vorsichtig, witternd, ehe es über ihr Gesichtchen huschte, dieses erhellend. Mäuselächeln nannte Duncan es. Und als er ihr eine blonde Haarsträhne liebevoll hinter ihr rechtes Ohr schob, da kehrte es zurück dies Lächeln, verweilte. Sie waren allein nun, in seinem winz'gen Dachzimmer, in dem nicht mal Platz für ein zweites Bett war. Doch es würde genügen und schon bald würden sie sich eine größere Wohnung suchen, als Mann und Frau. Lichtdurchflutet und sauber sollte sie sein. Ein wunderschöner Traum, welchen sie schon ach so lange hegte. Und Duncan hatte es versprochen. Er hatte ihr so viel versprochen. Bald schon würde er sehr viel Geld verdienen. So viel, dass sie nach ihrer Ausbildung gar nicht als Hebamme würde arbeiten müssen. Ein Häuschen würden sie haben am Stadtrand. Ganz schick. Und einen Haufen Kinder, wenn sie es wollte. Sie hatte dann immer gelacht, glockenhell und froh. Beteuernd, dass sie schon mit so viel weniger zufrieden wäre. Wenn wir nur ein Heim haben, groß genug für Kinder, ein Heim in dem wir lachen und tanzen können.. Das wäre genug. Für immer. Tanzen. Niemals nicht hätte sie gedacht, dass ihr dies so endlos viel Freude bereitete. Dabei hatte sie beim ersten Mal und auch bei den drei folgenden Malen immer wieder beharrlich den Kopf geschüttelt, als Duncan sie dazu eingeladen hatte. Doch irgendwann hatte sie nachgegeben, hatte sich mit ihm zum Tanz verabredet. Obwohl sie es doch gar nicht konnte. Kein winz'ges bischen. Ständig war sie ihm auf die Füße getreten. Doch er hatte nur gelacht und sie einfach irgendwann hochgehoben, als wiege sie gar nichts, und auf seine Füße gestellt. Und so hatten sie getanzt, an diesem ersten Abend, dem noch weitere folgten. Inzwischen musste sie nicht mehr auf seinen Füßen stehen um mit ihm über das Parkett zu schweben. "Tanz mit mir." Gehauchte Worte, kaum mehr denn ein Wispern im Wind. "Jeder Zeit, Mrs. Murray." Sie nahm es als Versprechen. Ihr Kopf ruhte an seiner Brust während sie sich langsam im Zimmerchen im Kreis drehten. Zur Musik in ihrem Kopf. Rund herum und rund herum, bis sie sich nur noch wiegten. Bis er ihren Kopf anhob, sich zu ihr hinabbeugte und sie küsste. Leidenschaftlich. Begehrlich, voller Verlangen. Waren sie doch nun Mann und Frau. Und als Duncan seine Hände über ihren Rücken gleiten ließ, dabei den Reißverschluß ihres schlichten weißen Kleides öffnend, da setzte Kittys Denken aus. Die Zukunft schillernd bunt gemalt, spielte plötzlich keine Rolle mehr. Was zählte war nur das hier und jetzt. Schmerzlich langsam glitt der weiche Stoff von ihren Schultern, zu Boden fallend und dort liegen bleibend. Weiß. Mit Spritzern feuchten Rots und rötlichbraunen Schlieren am Saum, dort wo sie mit dem Stoff Caleb das Blut aus dem Gesicht gewischt hatte. Dunkle Muster hatte es auf ihr, zuvor rein weißes, Hochzeitkleid gezaubert. Spritzend, als das Monster, trunken und rasend, den Bruder geschlagen, ihn von ihr fortgezerrt hatte. Und wischend, als sie ohne nachzudenken tat, was sie immer getan hatte. Von jeher. Am nächsten Morgen lag ihr Kleid immer noch am Boden, just dort wo es am Abend zuvor zu Boden gefallen war. Inzwischen hing es in ihrem Schrank, ganz rechts. Und aus feuchten Rot war trockenes Braun geworden. Schillernd bunte Träume waren längst zerplatz nun, doch das Blut des Bruders war immer noch da. Weil Blut anhaftete. Für immer und ewig. Deuteronomium Fahles Mondlicht ergoss sich durch das Fenster, sich im blonden leicht zottelig wirkendem Haar der jungen Frau verfangend, wie Tautropfen in einem Spinnennetz und sich, einem bleichen Leichentuch gleich, über den leblosen Körper am Boden legend. Der Mond hatte sein volles rundes Antlitz ob der sich in der Küche abgespielten Szene nicht abgewandt, wie ein riesiges alles sehendes Auge hing er bedrohlich am Himmelszelt und starrte geradewegs hinab auf die Lebenden und den Toten. Eine Frau und zwei Männer. Klein und seltsam verletzlich wirkten sie alle Drei inmitten der von Mondlicht durchdrungenen Finsternis, blass und blutleer. Nun zumindest der Leichnam war dies auch. Tanzte doch sein Blut zwischen der klaffenden Wunde an seinem Hals und der Spitze des Zauberstabes in der Hand der jungen Frau in der Luft. Ein nicht abreißender sibrig glitzernder roter Strom, aus den Adern gerissenen Lebenssaftes. Schwindend. Sie saugte alles davon auf, alles, alles, alles, jeden Liter, jeden Tropfen. Beinahe. Erst als das Echo leiser Schritte im Flur verhallte und ein Name, weich und zart, die Stille zerfetzte, hielt sie in ihrem Tun inne, langsam den Kopf hebend und den Ankommenden mit ausdruckslosem Blick anstarrend. Wie eine aus Marmor gehauene Statue wirkte sie, wie sie so da stand, reglos in einen Mantel aus gewobenem Mondlicht gehüllt. Eiskalt und hart. "Kitz?" Da war er wieder dieser Name, der nicht der ihre war und doch legte sie bei seinem Klang ihren Kopf leicht schief. Damit irgendwie an eine Katze erinnernd, welche eine Maus fixierte. Ein eisiges Lächeln stahl sich auf ihre Lippen als sie ihn sah, verharrend im Türrahmen. Er war gekommen. Immer, immer, immer kam er, wenn Kitty oder sie ihn riefen. Und sie hatte ihn gerufen, hatte ihm den alten zerfleddert wirkenden Bartkautz geschickt, der dem Toten gehörte. Gehört hatte. Besaßen Leichen doch nichts mehr außer dem Tod. Der jedoch gehörte ihnen ganz allein. Sie hatte gewollt, dass er kam, weil sie ihn brauchte. Manchmal hasste sie ihn dafür. So sehr, wie er sie fürchtete. Sie sah es in seinen Augen, hörte es in seiner Stimme, wenn er nach Kitty rief. "Kitz bitte..." Langsam, schmerzlich langsam betrat er den Raum, seinen Zauberstab gesenkt in der Hand haltend. Wachsam. Die Gefahr nicht aus den Augen lassend. Sie. "Caleb." Sein Name schwebte zwischen ihnen in der Luft und als er nickend weiter auf sie zukam, da steckte sie die Hand nach ihm aus. Einen großen Schritt über den Leichnam machend kam sie ihm entgegen. "Das da ..." Der Tote. "...muss weg sein, ehe die Dingerchen aufwachen." Kittys Zwillinge. "Verschwinden und nie wieder auftauchen." Sie hatte klare Vorstellungen. Einen Plan. Die Kontrolle. Und dann mit einem mal hatte sie nichts mehr. Nichts, nichts, nichts. Er hatte ihre ausgestreckte Hand ergriffen, hatte seine Finger mit den ihren verwoben und nochmal dieses verfluchten Namen ausgesprochen. Rufend. Kitz. Weil er Kitty wollte. Nicht sie. Und durch die Berührung seiner Hand hatte die Gerufene ihre Augen wieder aufgeschlagen. Sie hatte noch nicht sagen wollen, doch das Wort hatte niemals nicht ihre Lippen verlassen. Ihr waren gegen ihren Willen die Augen zugefallen und sie war abermals in einem tiefen Schlaf gesunken. Am Grund der Seele, die auch irgendwie die ihre war. Nicht wahr? Kitty blinzelte und kippte schwankend gegen den Bruder, der sie mit seinen Armen umschlang, sie haltend, ganz fest. "Caleb, was tust du hier? Ist etwas pass... " Der Hauch einer Ahnung, böse und eiskalt, kroch durch ihre Adern und ließ ihr Blut gefrieren. Sie wurde sich des Zauberstabs in ihrer Hand bewusst. Der sie umgebenden Stille. Eben noch hatte sie doch hier mit Duncan in der Küche gestanden und er...er hatte gebrüllt, hatte die Hand erhoben und...und...Kitty löste sich von Caleb, machte einen winz'gen Schritt zurück und stieß dabei mit ihrem Fuß gegen den am Boden liegenden leblosen Körper ihres Mannes. Panisch wirbelte sie herum, sah und begriff. "Duncan! Duncan, nein, nein, neeeeiiiiin...bitte...oh nein..." Ihr Zauberstab glitt ihr aus der Hand, landete auf dem Boden und drehte sich für einen Augenblick wie ein Brummkreisel um sich selbst, ehe er zur Ruhe kam. Nicht so Kitty. Auch ihr drehte sich alles, alles, alles. Doch von Ruhe keine Spur. Jede Faser ihres Körpers war in Aufruhr, als sie sich über dem Leichnam ihre Ehemannes am Boden warf. Ihre Hände krallten sich in sein Hemd, zerrend, schüttelnd, als könne sie ihn wieder aufwecken, als schlafe er nur. So wie die Andere schlief. "Ich wollte das niiiicht...." Hervorgewürgte Worte die mit großer Federleichtigkeit in unmenschliche Laute übergingen. Ein Heulen und Kreischen entrang sich ihrer Kehle wurde lauter und lauter und verstummte dann schlagartig, weil Caleb einen Silentio gewirkt hatte, der Schwester die Stimme raubend, auf dass niemand sie hören konnte. Niemals nicht. Stumme Schreie, gellend laut. Auch ohne Ton alles durchdringend. Lautlos zog Kitty nach Luft, zerrte an ihren Haaren, diese büchelweise herausreißend, bis sich Calebs Hände um die ihren schlossen, fest ganz fest. Sie daran hindernd. Ebenso daran sich das Gesicht zu zerkratzen. "Kitz...." Immer wieder Kitz, wie aus weiter Ferne, nicht bis zu ihr dringend. Zu groß das Entsetzen darüber was die Andere getan hatte. Was sie getan hatte. Sie, sie sie. Zu tief das Leid. Bodenlos. Am Ende hatte Caleb sie ohrfeigen müssen, damit sie wieder zu sich kam. Damit sie funktionierte. Damit sie die blutleere Leiche ihres Mann zusammen mit ihm in der Themse versenkte. In beinah Vollmondbeschienener Nacht. Hoffend wer immer sie möglicherweise aus der Ferne gesehen habe halte sie für Leute, die einen Sturzbesoffenen nach Hause brachten. In sein nasses Heim am schlammigen Flussesgrund. Kettenschwer. Und wer weiß vielleicht, möglicherweise war es auch weniger die Ohrfeige gewesen, die Kitty aus ihrem Entsetzen geholt hatte, als vielmehr die langsam einsetzenden Wehen. Nun stärker werdend, anschwellend zu einer unaufhaltsamen Flut. Vor der Zeit. Zu früh, zu früh für ihr Ungeborenes Kind, beinahe fünf Wochen, in dieser unheilvollen Mondnacht, in der es für alles andere zu spät schien. Doch als die Nacht in den Armen des neu geborenen Tages gestorben, als aus Morgen Mittag geworden war, da sollte das Kind, eine kleine Tochter das Licht der Welt erblicken. Im Beisein von Caleb, den Einjeder im Kreißsaal des St. Mungoskrankenhauses für den Vater den Kindes hielt, der Kittys Hand unter den Wehen gehalten hatte. Die ganze Zeit. Die ganze Zeit. Stunde um Stunde. Und er war es auch, der ihr schließlich den winz'gen Tropfen Blut mit seiner Spucke von der Wange wischte. Auf dass Keiner ihn je sähe. Nicht einmal der Mond. |